Przewalskipferd und Tarpan

Die Haltung von Pferden durch den Menschen begann vor etwa 6 – 7.000 Jahren. Es gilt heute als unumstritten, dass die Przewalskipferde die Vorfahren unserer heutigen Hauspferde sind. Die erste Domestikation soll sich in den Steppen der Ukraine und des Wolgagebietes vollzogen haben. Neben den Hauspferden gab es in Europa noch lange Zeit Wildpferde. Bis in die Neuzeit hinein, solange es sie noch gab, wurden immer wieder Wildtiere gefangen, gezähmt und in die Herden eingereiht. Wildpferdefleisch galt im Mittelalter in vielen europäischen Ländern als Festtagsschmaus. Beliebtheit erfreute es sich besonders bei den Mönchen. 

Freilebende Wildpferde, wurden Mitte der 70er Jahren des vorigen Jahrhun- derts vom russischen General und Asienforscher Nikolai Michailowitsch Przewalski in der Dsungarischen Gobi, welche sich beiderseits der Grenze zwischen der Mongolei und der Volks- republik China erstreckt, entdeckt und 1881 von Poljakov als Equus przewalskii beschrieben. Jäger des russischen Kaufmanns Assanow, der offenbar das Fangmonopol für Wildpferde hatte, brachten etliche Tiere zum Moskauer Zoo und nach Askania Nowa in der Ukraine. 1900 rüstete Carl Hagenbeck eine spezielle Fangexpedition aus, die erfolgreich heimkehrte. Der Expeditionsleiter Grieger soll allerdings – entgegen abenteuerlichen Fangbeschreibungen – die 15 jungen Hengste und 13 jungen Stuten von Assanow gekauft haben (Akimuschkin, 1972). Die Nachkommen dieser Tiere sind die Stammeltern der heute noch in den Zoos und Semireservaten (Großgehege, in denen die Tiere ganzjährig ohne Zufütterung leben) vorhandenen Zuchtgruppen. Insgesamt sollen es heute weltweit etwa 1 500 Exemplare sein. Das Przewalski- oder Urwildpferd ähnelt in seinem Phänotypus weitgehend den eiszeitlichen Wildpferden, über deren Aussehen wir durch eiszeitliche Ritzzeichnungen und Höhlenbilder gut unterrichtet sind.

Häufig wird die Meinung vertreten, dass es noch ein Europäisches Waldpferd gegeben haben muss. Ob es identisch ist mit dem Tarpan Südrusslands, ist ebenfalls noch ungeklärt. Nach Toepfer (1963) stellt dieses Wildpferd „eine wahrscheinliche, aber keine gesicherte, zweifelsfreie Realität“ dar, denn die Reinrassigkeit der letzten gefangenen Tarpane kann angezweifelt werden. Der Tarpan (Tarpan ist das tatarische Wort für Wildpferd) soll nicht groß, aber ausdauernd und mutig gewesen sein. Sein Fell hatte eine mausgraue Färbung und einen dunklen Aalstrich auf dem Rücken. Mähne, Schweif und Beine waren schwarz oder schwarzbraun und an den Vorderbeinen fanden sich bei manchen Tieren dunkle Querstreifen. Mit Ausnahme der grauen Farbe entspricht die Beschreibung dem des Przewalskipferdes. Wilde Pferde gab es in größeren Herden bis zum Ende des 15. Jh. in Litauen, in Preußen und im Weichselbogen. Herberstein (1527) bezeichnet die litauischen Wildpferde als „ziemlich alle falb“. Der Tarpan lebte bis ins vorige Jahrhundert hinein wild oder verwildert in den Steppen der Ukraine, wurde aber dann völlig ausgerottet (Petzsch, 1967). Das letzte Individuum soll 1876 erschlagen worden sein. Auffallend ist, dass diese wilden Pferde ausgerechnet im frühen Domestikationsgebiet des Pferdes aufgetreten ist, was eine Vermutung der Verwildung von Hauspferden nähren könnte. Als Nachkommen des Tarpans werden die polnischen Koniks angesehen. In Forscherkreisen dominiert heute die Überzeugung, dass es nacheiszeitlich neben dem Pzrwalskipferd keine weiteren Wildpferde im eurasischen Raum gegeben hat. Auch Niethammer (1963) schließt sich dieser Meinung an und schreibt: „Das als Tarpan bezeichnete ausgestorbene Pferd Europas ist nach neuerer Anschauung eine primitive Haustierrasse gewesen“.

Verlässliche Unterlagen über das Auftreten von Wildpferden in unserem Raum in und nach der Weichselkaltzeit sind nicht vorhanden. Bei Hinweisen auf nacheiszeitliche Wildpferdvorkommen in Nordostdeutschland handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um verwilderte Hauspferde, die immer wieder einmal auftauchten. 
 

©  Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2003