Lebensbedingungen in der Nacheiszeit

Das natürliche Vorkommen von Wildarten und deren Vergesellschaftung hängen in erster Linie von den klimatischen Bedingungen und dem für ihre Existenz erforderlichen Lebensraum ab. Den heutigen Bestand an Wildarten bestimmte entscheidend der Mensch mit seinem direkten oder indirekten (Wirtschaftsweise) Einfluß auf den Tierbestand.

Mit Beginn des Holozäns, unserer heutigen Warmzeit, welches mit einer deutlichen Erwärmung eingeleitet wurde, bildete sich eine geschlossene Vegetation und es kam zur Wiederbewaldung. Die Tiere der nacheiszeitlichen Tundra und Kaltsteppe, zu denen bei uns vor allem die Rentiere zählten, zogen sich nach Norden und Nordosten zurück. Waldtiere, die die Kaltzeit in klimatisch günstigeren Gebieten überdauert hatten, wanderten wieder bei uns ein.  Es entstand die heutige Tierwelt einschließlich der inzwischen bei uns ausgestorbenen Arten.

Mit der Veränderung der Pflanzendecke änderte sich die Lebensweise des Menschen. Die Jagd auf reviertreues Schalenwild wurde zur Lebensgrundlage und ermöglichte eine saisonale Seßhaftigkeit. Mit der Einwanderung neuer Völkerstämme kamen Ackerbau und Viehzucht in unser Land; aus den Jägern und Sammlern wurden Ackerbauern und Viehzüchter. Diese benötigten aber Ackerland für die Feldfrüchte und Weideland für die Haustiere. So rodete man nicht nur die Wälder und schränkte damit den Lebensraum der waldbewohnenden Wildarten ein, sondern man bekämpft sie auch schonungslos als Nahrungskonkurrenten und Feinde ihrer Nutztiere. Dies war verständlich, denn damals lebten die Herden des echten Auerochsen noch neben seinen domestizierten, aber noch sehr primitiven Abkömmlingen. Wilde Urbullen werden häufig in Hausrinderherden eingedrungen sein, die weit schwächeren Hausrindbullen niedergekämpft und die rindernden Kühe gedeckt und entführt haben. So manche Hausrindkuh verließ wohl auch ihren Herdenverband und schloß sich einer nahen Wildurherde an. Ähnlich mag es mit den Wildschweinen ausgesehen haben.

Andererseits entstand mit der Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen aber auch ein neuer Lebensraum, in dem Tiere, die offene Landschaften bevorzugten,  günstige Lebensbedingungen fanden und sich ausbreiten konnten. Ein typisches Beispiel hierfür ist der  Feldhase. Hinzu kommt, daß die Landwirtschaft mit ihren Monokulturen nicht wenigen Arten eine fast unbegrenzte Nahrungsgrundlage schuf.

Die ersten nachweislichen massiven Eingriffe in unsere Wälder und der damit verbundenen Einschränkung des Lebensraumes vieler Waldtiere erfolgten im Verlauf der Jungsteinzeit und Bronzezeit, also vor etwa 5 000 bis 3 000 Jahren vor heute. Der Höhepunkt der Landrodung und -nutzung wurde im Hochmittelalter (13.-14. Jahrhundert) erreicht. Das Siedlungsbild der Uckermark war damals durch lückenlos aneinandergereihte Dorf- und Stadtmarkungen gekennzeichnet. Wälder konnten sich nur noch auf ackerbaulich nicht nutzbaren Flächen erhalten. Unter diesen Bedingungen hatten die auf große, zusammenhängende Waldflächen angewiesenen Wildarten keine Überlebenschancen mehr.

Eine Ausnahme in diesem Siedlungsbild bildete die „Große Werbellinsche Heide“, die als kurfürstliches Eigentum und Jagdgebiet die Rodungsperiode nahezu unbeschadet überstanden hatte. In diesem großen zusammenhängenden Waldgebiet konnte sich noch Großwild halten. 

© Märkische Eiszeitstraße, W. Ebert, 2003